Poetry Spam – Catch of the Day 2

stoppen sie das gefühl
über ihre größe
traumatisiert
groß oder klein
es ist ihre wahl
vollständige wiederherstellung
ihrer gesundheit des menschen
heute und jetzt

beginnen zu betreiben
bereits heute
es ist nicht notwendig
zu warten
um lesen
und zu lernen ist es mehr

(Unveränderter Originelltext)

Verteidigte Leberwurst


2012 feiern wir zweihundert Jahre „Kinder- und Hausmärchen“ der Brüder Grimm.
Aus diesem Anlass ein ganz besonderes, doch kaum bekanntes Märchen aus der Sammlung.
Es schaffte es nur in die ersten beiden Ausgaben:

Die wunderliche Gasterei

Auf eine Zeit lebte eine Blutwurst und eine Leberwurst in Freundschaft, und die Blutwurst bat die Leberwurst zu Gast. Wie es Essenszeit war, ging die Leberwurst auch ganz vergnügt zu der Blutwurst, als sie aber in die Haustüre trat, sah sie allerlei wunderliche Dinge, auf jeder Stiege der Treppe, deren viele waren, immer etwas anderes, da war etwa ein Besen und eine Schippe, die sich miteinander schlugen, dann ein Affe mit einer großen Wunde am Kopf und dergleichen mehr. Die Leberwurst war ganz erschrocken und bestürzt darüber, doch nahm sie sich ein Herz, trat in die Stube und wurde von der Blutwurst freundschaftlich empfangen. Die Leberwurst hub an, sich nach den seltsamen Dingen zu erkundigen, die draußen auf der Treppe wären, die Blutwurst tat aber, als hörte sie es nicht, oder als sei es nicht der Mühe wert davon zu sprechen, aber sie sagte etwa von der Schippe und dem Besen: „Es wird meine Magd gewesen sein, die auf der Treppe mit jemand geschwätzt hat“, und brachte die Rede auf etwas anderes. Die Blutwurst ging darauf hinaus und sagte, sie müsse in der Küche nach dem Essen sehen, ob alles ordentlich angerichtet werde, und nichts in die Asche geworfen. Wie die Leberwurst derweil in der Stube auf- und abging und immer die wunderlichen Dinge im Kopf hatte, kam jemand, ich weiß nicht, wers gewesen ist, herein und sagte: „Ich warne dich, Leberwurst, du bist in einer Blut- und Mörderhöhle, mach dich eilig fort, wenn dir dein Leben lieb ist.“ Die Leberwurst besann sich nicht lang, schlich zur Tür hinaus und lief, was sie konnte; sie stand auch nicht eher still, bis sie aus dem Haus mitten auf der Straße war. Da blickte sie sich um, und sah die Blutwurst oben im Bodenloch stehen mit einem langen, langen Messer, das blinkte, als wärs frisch gewetzt, und damit drohte sie, und rief herab: „Hätt ich dich, so wollt ich dich!“

Frappanter Surrealismus und ein eigenartiger Schlusssatz, über den man philosophische Traktate schreiben könnte.

Quasselstoppe

„Betrachten wir nun die menschliche Stimme als Waffe. Bis zu welchem Grad kann man mit der bloßen Stimme Effekte kopieren, wie sie mit einem Tonbandgerät erzeugt werden können? Lernen mit geschlossenem Mund zu sprechen, sodass die Worte praktisch isoliert im Raum stehen, ist ziemlich einfach“
William Burroughs, Die elektronische Revolution. 1971/1972.

Dauerquassler nerven bekanntlich, nicht nur wenn sie laut sind. Häufig verbinden sie  mit ihrem unterbrechungsfreien Gerede die Vorstellung, ihre „Gesprächspartner“ zu beeinflussen, indem sie ihnen ihre Sicht der Dinge aufdrängen.

Aus kommunikationspsychologischer Sicht ist dies natürlich dumm. Denn wer so kommuniziert, hört nur, was er schon weiß, aber nicht, was der andere weiß oder will. Ein klarer Nachteil, weil man generell nichts dazulernt und konkret nichts über den anderen erfährt und ihn so erst recht nicht beeinflussen kann.
Hinzu kommt die „Reaktanz“ beim Partner, der den unfairen Kommunikanten ablehnen wird.

Vor einigen Jahren haben wir an der Universität Heidelberg ein Experiment zum Thema „Überzeugen“ durchgeführt. Unter anderem zeigte sich, dass viel redende Probanden sehr überzeugt sein konnten, ihr Gegenüber von ihrem Standpunkt überzeugt zu haben. „Dem Fräulein habe ich jetzt mal die Augen geöffnet“. Zu dumm, dass wir auch „das Fräulein“ befragten: „Der Blödmann hat nur Stuss geredet, ich bin kaum zu Wort gekommen. Irgendwann war es mir zu blöd und ich habe es ganz gelassen.“ (Aussagen sinngemäß wiedergegeben)
Musik-Einblendung: Mose Allison „Your mind is on vacation and your mouth is working overtime“.
Sprachlicher Dauerbeschuss geht also nach hinten los.

Japanische Forscher verschärfen diesen Effekt nun mit einem sprachlichem „Selbstschussgerät“. Ihr SpeechJammer ist ein handliches Gerät, das per Mikrofon und Lautsprecher für Stille sorgt. Diese Wortkanone gibt dem Quassler die eigenen Worte mit kurzer Verzögerung zurück. Das Echo soll so irritierend sein, dass Weitersprechen nahezu unmöglich wird.

Dass der Effekt auch unplugged funktioniert, zeigen die „Bösen Mädchen“ bei RTL.

Nach radikaler ist die Lösung, die Philip Garner in den Achtzigern vorschlug: Der Talkman (Bild oben), der das Geschwätz ohne jede Umweltbelastung im Schwätzer selbst kurzschließt. Womit wir wieder bei dem Burroughs-Zitat von oben wären.

Die schriftliche Variante des Talkman:
„Das bisschen, das ich lese, schreibe ich mir selbst“.