Stunde der Konjunktivisten

„Stunde der Amateure
Nichts gelernt, und auch noch stolz darauf

Immer mehr Menschen glauben, sie wären die besseren Journalisten oder Politiker – dabei beherrschen sie nicht einmal den Konjunktiv. Das Land braucht wieder ein gesundes Elitebewusstsein.
Eine Kolumne von Jan Fleischhauer

http://www.spiegel.de/politik/deutschland/amateure-nichts-gelernt-und-stolz-darauf-kolumne-fleischhauer-a-1115904.html

Ein Journalist kritisiert die Amateure wegen ihrer mangelnden Konjunktiv-Kompetenz und beginnt seinen Text selbst mit einem falschen Konjunktiv. Hätte man sich kaum ausdenken können.

Dabei hatte schon der Ex-Spiegel-Korrektor Sick ausführlich den Unterschied zwischen Konjunktiv I und II erläutert.

Bloße Besserwisserei in Sprachfragen ist ja doof, und das „wäre“ hätte normalerweise kaum jemanden gestört. Aber wenn einer so deutlich auf andere zeigt, scheint der Hinweis auf die eigene Nase doch angebracht.

Und die Überschriftenabteilung hatte auch noch ein altes Komma übrig.

Print im Aussterbekloster?

Während der Säkularisation Anfang des 19. Jahrhunderts wurden zahlreiche Klöster geschlossen und weltlichen Zwecken zugeführt. Für die Schwestern und Brüder, die weiter als Ordensleute leben wollten, wurden „Aussterbeklöster“ eingerichtet. Diese nahmen keine Novizen mehr auf und sollten nur so lange bestehen, wie die die dahin verbrachten Ordensleute lebten. „Crepieranstalten für die halsstarrigen klostertreuen Individuen“ nannte dies ein Zeitgenosse.

Während der Digitalisierung zu Beginn des 21. Jahrhunderts werden Printredaktionen geschlossen…
Hat schon jemand Aussterberedaktionen für die halsstarrigen printtreuen Individuen gefordert?

Immerhin waren die Aussterbeklöster im späteren 19. Jahrhundert die Keimzellen für Neu- und Wiedergründungen von Klöstern, die ihren Platz unter veränderten Bedingungen neu definieren mussten.

Sax Royal

Herr Mangelsdorff, Sie haben mit dem thailändischen König Bhumipol gespielt. Wie spielt der König Saxophon?
Also für’n König ganz gut.

Albert Mangelsdorff, 1963.
Der „Internationale Tag des Jazz“ am 30. April soll laut UNESCO an die künstlerische Bedeutung des Jazz, seine Wurzeln und seine weltweiten Auswirkungen auf die kulturelle Entwicklung erinnern.

Eherelevante Kunsterfahrung

Aus einer Ehebeurkundung von 1756:

„Den …ten Jun: sind nach geschehener Proclamation, alhier copuliret der kunsterfahrene Junggeselle XY, Organist und Schulbedienter hie-selbst, ….,  und die ehr und Tugendbelobte Jgfr WZ, …“

Dem Manne wurde “Kunsterfahrung” per Heiratsurkunde attestiert. Was allerdings auch kein weicheres Kriterium als “ehr und tugendbelobt” ist.

Was könnte man da heute hinschreiben?
“Der internetaffine Single, Blogger und Barkeeper” und “die Unnahbare mit den 1000 Facebook-Freunden”?
“Copuliret”, gerne auch “öffentlich in der Kirche kopuliert”, müsste man ja heute auch anders formulieren.

Bartlos in Schwetzingen

Stellen wir uns eine Noten-Umblätterin vor, mit Bart und unverschämtem Auftreten. Stellen wir uns vor, sie suchte einen Job in Schwetzingen.
Keine Chance.
Zumindest nicht beim Großpianisten Svjatoslav Richter.
Der verlangte laut seinem Vertrag mit den Schwetzinger Festspielen  nämlich das genaue Gegenteil:
„Umblätterer, männlich, ohne Bart, bescheidenes Auftreten“.
Er wird ihn wohl auch bekommen und große Kunst geboten haben.
Ungestört von den anscheinend fundamentalen Ablenkungsfaktoren Geschlecht, Erscheinung und Verhalten. An das taktile Störpotential langer Bärte versuchen wir gar nicht erst zu denken. .

Zitat-Quelle: Hans Hachmann, in SWR Musikstunde,  31.5. 2012