World Toilet Day

„And so I to bed, and in the night was mightily troubled with a looseness (I suppose from some fresh damp Linnen that I put on this night); and feeling for a chamber pott, there was none, I having called the mayde up out of her bed, she had forgot I suppose to put one there; so I was forced in this strange house to rise and shit in the Chimny twice; and so to bed and was very well again and to sleep till 5 a-clock…“
Samuel Pepys, Tagebücher,  28. September 1665
(Deutsche Fassung am Ende des Beitrags)

Heute ist Welttoilettentag. Weniger banal, als es scheinen mag.

Ein Teil der Welt ist auf Trinkwasser angewiesen, das mit Fäkalien verseucht ist, während ein anderer Teil die Fäkalien mit kostbarem Trinkwasser wegspült.
Wissenschaftler arbeiten daran, die Exkremente schon im Haus möglichst ohne Wasser direkt in in Energie zu wandeln.
Aus dieser Perspektive mutet die Pepys’sche Kaminlösung geradezu visionär an.

Deutsche Fassung des Zitats:
“Darauf zu Bett. Doch wachte ich mitten in der Nacht mit furchtbarem Durchfall auf (vermutlich weil ich ein noch feuchtes Laken aufgezogen hatte). Ich tastete unter dem Bett nach dem Nachttopf, fand aber keinen. Das Zimmermädchen hatte ihn wohl hinzustellen vergessen, weil ich erst so spät nach Hause gekommen war. War daher gezwungen, mich in dem mir fremden Haus zweimal im Kamin zu erleichtern. Danach ging es wieder, und ich schlief ein“.
(Deutsche Ausgabe, Haffmanns & Tolkemitt, 2010)

Sechs Gründe der Schule fernzubleiben

1.
Hans Bossen hat 2 Söhne bei den Pferden und 1 Mädchen bei den Kindern und Gänsen

2.
Henning Blomberg hat einen Sohn von 4 Jahren und eine Tochter von 7 Jahren welches die Gänse hütet. Er hat schwere Not!

3.
Heinrich Pully ist es unmöglich 1 Mariengroschen (8 Pfg.) Schulgeld die Woche zu zahlen. Falls 4 Pfg. aus der Armenkasse kommen, dann wird sofort das Kind geschickt.

4.
Siemon Rühmann gibt an, seine Tochter sei 12 Jahre und so lange zur Schule gegangen, dass sie ein Evangelium lesen könne. Das müsse reichen, er müsse dieselbe nun zur Arbeit behalten.

5.
Hans Schatz würde sein Kind gern zur Schule schicken, er hat aber weder Kleider noch Schuhe für sie.

Alle vorgebracht im Jahr 1667 im Bereich des Amtes Lutter (Harz)

6.
enschuldigung schreiebn schule 3 tage vor dem ferien fehlen!!!
hi leute!ich wollte nachfragen wie ich begründen kann oder eine Entschuldigung schreiben kann wenn ich 3 tage vor den Sommerferien wegfliege! und noch mal zu Info wir haben auch schon gebucht was könnte ich jetzt da als Entschuldigung an die schule schreiben???danke im voraus!

Post bei gutefrage.net 2011

Wir kaufen den Ring

Der ADAC will den Nürburgring kaufen. Für 100 Millionen Euro. Dabei hat Kurt Beck damals 330 Millionen bezahlt. Vor allem wegen der Achterbahn. Die Finanzierungslücke soll über die Maut geschlossen werden. Da alle ADAC-Mitglieder nur noch auf dem Ring fahren, fallen keine Unterhaltskosten mehr für die Autobahn an, und die Mautgebühren werden frei verfügbar.
Nun können die ADAC-Mitglieder endlos im Kreis fahren. Siemens realisiert mit ausgeklügelter Software alltagsnahe Stop-und-Go-Phasen und urlaubsnahe Stau-Perioden. Zum Urlaub selbst betritt man hoch subventionierte Billigterminals, die zur Achterbahn führen. Dort gibt es auch subventionierte Arbeitsplätze wie Hilfsschubser und Hilfsbremser. Alle anderen schaufeln die eingehenden Mitgliedsbeiträge in die Geldspeicher. Doch die meiste Zeit fahren alle auf dem Ring. Nur an den monatlichen Vetteltagen fährt man rechts ran und jubelt.
Gleichwohl möchten die Mautbürger verhindern, dass die nun leere Autobahn mit ausländischen Camping-Anhängern zugestellt wird. Sie tun sich zusammen mit den Wutbürgern, die die Autobahnen als reine Krötenwanderwege nutzen wollen. Heiner Geißler beauftragt Hartmut Mehdorn mit der Umsetzung, Eine neue Studie ergibt allerdings, dass die Kröten stets quer zur Autobahn wandern. Mehdorn feuert seinen Stellvertreter. Mit den frei werdenden 330 Millionen werden die Autobahnen um 90 Grad gedreht. Die Kröten können immer geradeaus wandern und die ADAC-Mitglieder krötenfrei im Kreis fahren.

Auterrorisierung

Martin Sonneborn schickt eine Interview-Anfrage an die Deutsche Bank. Er möchte über Macht, Finanzkrise, Hedgefonds, Millionengehälter der Bänker sprechen. Die Bank schickt ihm gleich das ganze Interview mit allen Antworten. Allerdings auf ganz andere Fragen.

Genialerweise fragt Sonneborn nun nicht investigativ nach, sondern geht hin und und realisiert das vorgeschriebene Interview Wort für Wort mit dem Kommunikationsmitarbeiter der Bank. Sagt vor, wenn der den Text nicht wörtlich bringt, spricht mit, wenn er ihn bringt. Zum Brüllen komisch. Aber nicht nur.

Man könnte sagen, ein Unternehmenskommunikator, der sich selbst interviewt, nimmt das „kommun“, das Gemeinsame, aus der Kommunikation. Allerdings kommuniziert er ja doch, wenn auch auf einer impliziten Ebene: Spiele mit bei meiner Simulation, sonst bekommst du gar kein Interview mit meinem begehrten Unternehmen.

Unter dem Titel „Wir alle spielen Theater“ hat Erving Goffman beschrieben, wie Menschen fortwährend versuchen, den Eindruck, den sie auf andere machen, in ihrem Sinne zu kontrollieren. Die Sozialpsychologie hat das in einem ganzen Forschungsgebiet „Impression Management“ belegt. Dass Unternehmen ihr Bild in der Öffentlichkeit zielgerichtet steuern wollen, ist selbstverständlich und professionell. Dass dabei Grenzüberschreitungen nicht nur arrogant, sondern dumm weil kontraproduktiv sind, zeigt die vorgeschriebene Interview-Simulation der DB.

So absurd das Ergebnis ist, es steht doch auch für einen allgemeinen Trend. Journalisten leiden zunehmend unter einem Autorisierungswahn. Nicht nur Unternehmen, auch Politiker, Agenten der A-, B- und C-Promis, selbst Privatpersonen scheinen regelmäßig sich am liebsten selbst interviewen zu wollen. Die wenig souveräne Inszenierung beginnt beim Diktat der zugelassenen Fragen, setzt sich fort mit einem Aufpasser bei der mündlichen Darbietung, um dann post festum zuverlässig in einer Zurechtschreibung des tatsächlich Gesagten zu enden. Die Journalisten mühen sich nach Kräften, dem zu widerstehen, doch der Druck ist da.

Das bisschen was ich lese, schreibe ich mir selbst.
Soll Tucholsky geschrieben haben. Überprüfen kann ich das nicht. Ich lese ja nur Selbstgeschriebenes.

 

Und mein Herz war so wund und schrie…

… Ich hab viel bessere Beine doch als sie

Marlene Dietrich als Eifersüchtige In der deutschen  Version von Cole Porters “Miss Otis regrets (she’s unable to dine today)“.

Geschrieben hat den Text der Wiener Kabarettautor Lothar Metzl. Er musste 1938 in die USA emigrieren und arbeitete dort auch als Autor für die Behörden. Er schrieb dabei deutsche Texte für populäre Songs, mit denen im Krieg die Moral der Deutschen untergraben werden sollte. Etwa auch die Zeilen
“Es hält ihr Wort ein jedes Mädchen aus Liebe für den Mann.
Doch fragt sich heute ein jedes Mädchen, wie lang sie treu sein kann.”

Wie poetisch die Kommunikationsaktivitäten damals gegen den Feind sein konnten. Und wie prosaisch sie heute gegen den Freund sein können.